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Was erwartet uns, wenn sich Risiko einer zweiten Ansteckungswelle bewahrheitet?

By Ipek Ozkardeskaya
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Die Angst der Anleger im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl der neuen Covid-19-Fälle an verschiedenen Orten auf der Welt steigt.

China gab vor kurzem bekannt, das man neue Massnahmen ergreife, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Zum Beispiel werden Schulen und einige Unternehmen geschlossen. Die Fälle in den USA steigen in einigen Staaten mit Rekordgeschwindigkeit, allerdings können wir für die USA sagen, dass es sich eher um eine Beschleunigung der ersten Welle handelt als um eine zweite Ansteckungswelle.

In Europa machen aktuell bisher keine derartigen Nachrichten die Runde, wo die Wirtschaften und Grenzen sehr schnell geöffnet werden, obwohl die Angst im Rest der Welt steigt. Aber die Daten im Rest der Welt zeigen, dass eine zweite Ansteckungswelle ein Risiko ist, das ernst genommen werden sollte.

Was wird passieren, wenn die globale Wirtschaft sich einem erneuten Shutdown ausgesetzt sieht? Wie würden die Zentralbanken und Regierungen reagieren und wie würden die Auswirkungen auf die anlageklassenübergreifenden Märkte aussehen?

Seit Beginn der Covid-19-Pandemie gehört eine zweite Ansteckungswelle zu den gefürchtetsten Szenarien für die Anleger, aber die anhaltenden Risiken haben nicht verhindert, dass die globalen risikoreichen Anlagen eine v-förmige Korrektur erfahren haben. Die schnelle Erholung der risikoreichen Anlagen lag weitgehend an der massiven geldpolitischen und steuerlichen Unterstützung und wurde zu gewissem Masse durch die Hoffnung gestützt, dass die Erholung schneller und nahtloser ablaufen könnte als erwartet. Diese Hoffnungen wurden durch den Anstieg der neuen Fälle zunichte gemacht, die dem Anschein nach zu einem korrigierenden Abverkauf geführt haben. Aber die letzte Intervention der Federal Reserve (Fed), die ihr Anleihenkaufprogramm auf einzelne Unternehmensanleihen ausweiten will, konnte die Ängste vor einem erneuten Aktieneinbruch schnell auslöschen und hat die Anleger daran erinnert, dass die Zentralbank über Spielraum verfügt, erneut einzugreifen, wenn sich die Situation verschlechtern sollte.

Zudem meldete die US-Regierung, dass sie einen Infrastrukturvorschlag im Wert von 1 Bio. USD vorbereiten will, um das Wachstum zu fördern.

Was die Pandemie selbst angeht, so glauben wir, dass man mit einer zweiten Ansteckungswelle anders umgehen wird als mit der ersten. Während wir während der ersten Welle einen kompletten Shutdown der Wirtschaft gesehen haben, könnten wir während einer möglichen zweiten Welle teilweise, gezielte Shutdowns sehen, die somit weniger Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aktivität insgesamt haben.

Die Weltbank sagte in ihren letzten Prognosen einen Rückgang des globalen BIPs um 6% voraus. Diese Zahl könnte im Falle eines erneuten Schocks -7,6% erreichen.

Somit hat die Welt noch nicht das Schlimmste hinter sich, aber die Anleger und Währungshüter sind besser vorbereitet als während der ersten Welle. Das bedeutet, dass die zweite Ansteckungswelle keine zweite Schockwelle sein wird.

Ein weiterer Risikoabverkauf an den entwickelten Märkten dürfte mit der Unterstützung der Zentralbanken und Regierungen begrenzt ausfallen. Die Rücksetzer sollten Käufer finden, bevor die Belastungen zu hoch werden.

Für die Schwellenmärkte jedoch könnte das Abwärtspotenzial bedrohlicher sein, da zusätzliche Anreize negative Auswirkungen auf die Schwellenmarktwährungen haben, ihre Auslandsschulden, die finanzielle Solvabilität, ihre Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung und ihre Erholungsaussichten verschlechtern.

Die Tatsache, dass die entwickelten Länder nicht unter denselben Folgen leiden, ist eine Verzerrung der Marktwahrnehmung. Diesbezüglich stürzen sich die Anleger trotz des Anstiegs der US-Staatsschulden weiter auf die US-Staatsanleihenmärkte, um dort Schutz zu suchen. Auch wenn ein erneuter Ansturm auf sichere Titel die US-Renditen auf die Rekordtiefs vom März bringen könnte, glauben wir dennoch, dass negative Zinsen aktuell vom Tisch sind. Die Zurückhaltung der Fed, die Zinsen ins Negative zu senken, sollte das Abwärtspotenzial begrenzen. Was das Aufwärtspotenzial angeht, so dürfte die Rendite der 10-jährigen US-Anleihen länger unter 1,0% bleiben.

Die Aktivität der sogenannten sicheren Häfen deutet an, dass die Anleger trotz der Rallye der risikoreichen Anlagen an ihren Gold-, Yen- oder Schweizer Franken-Beständen festgehalten haben, um die Risiken einer weiteren Marktrückzugs zu verdauen.

Gold trifft seit April um 1680 USD auf Käufer und die Nachfrage nach dem Edelmetall wird hoch bleiben, wenn das Risiko eines weiteren Marktrückzugs anhält. Das Aufwärtspotenzial blieb bisher bei 1765 USD begrenzt. Nur schlimme Belastungen für die globalen Aktien könnten das Potenzial in Richtung der 1800 USD-Marke freisetzen.

In einem aktuellen Bericht schrieb Goldman Sachs, dass der Preis einer Unze die 2000 USD-Marke als Ziel haben sollte, sollte die Inflation schneller beschleunigen als erwartet – vorausgesetzt, dass Gold eine traditionelle Portfolioabsicherung gegen eine schnellere Inflation ist. Die jüngsten Daten lassen vermuten, dass die überhitzten Verbraucherpreise kein Grund zur unmittelbare Sorge sind, aber die solide Erholung des Einzelhandelsumsatzes und der robuste Anstieg der Energiepreise deuten an, dass die Inflation nach dem zweiten Quartal nicht länger um Null liegen wird. Es gibt weiter wenige Belege dafür, dass die massiven geldpolitischen Interventionen die Inflation in den entwickelten Wirtschaften in nächster Zukunft über das Ziel der Zentralbanken von 2% bringen werden. Die steigende Inflation wird jedoch den Schwellenländern eher früher als später Kopfschmerzen bereiten.

Die Nachfrage nach den US-Unternehmensanleihen wird durch das neue Unternehmensanleihenkaufprogramm der Fed gefördert. Das ist auch für die Aktienkurse positiv, da eine höhere Nachfrage nach Unternehmensanleihen das Ausfallrisiko der Unternehmen reduzieren und die Aktienkurse weiter unterstützen wird. Das ist ein weiterer Grund, warum ein weiterer Rücksetzer der Aktien nicht so schwerwiegend ausfallen dürfte wie der, den wir im März gesehen haben.

Die US-Aktien sollten weiter die globale Risikofreude bestimmen.

Bei den Aktien dürften die Titel von Versorgungs- und Technologieunternehmen die Wertentwicklung von Titeln aus zyklischen Sektoren wie Finanz-, Energie- und Rohstoffaktien übertreffen. Somit könnte der britische FTSE 100 hinter der Wertentwicklung seiner Peers zurückbleiben, wenn die Anleger damit beginnen sollten, die gegenüber der Covid-19-Pandemie anfälligsten Sektoren vorschnell zu verkaufen. Der Nasdaq hingegen würde eine stabil hohe Nachfrage nach Onlineservices zu seinem Vorteil nutzen und sollte um 8600, seinem gleitenden 200-Tagesdurchschnitt auf solide Unterstützung treffen.