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Auswirkung einer „blauen Welle“ auf wesentliche Wirtschaftsbereiche

By Peter Rosenstreich
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Unter Joe Biden könnte die US-Wirtschaft infolge dieser Präsidentschaftswahl von einer blauen Welle erfasst werden. Das gesamte Land wartet gespannt auf das Ergebnis des Urnengangs im November, obwohl die Umfragen darauf hinweisen, dass die Demokraten sehr wahrscheinlich einen Erdrutschsieg erringen und das Weisse Haus sowie beide Kammern des Kongresses erobern. Sollten diese Prognosen sich bewahrheiten, müssen die Märkte mit legislativen Änderungen rechnen, die sich auch auf multinationale Unternehmen auswirken.

Unser Ziel ist es nicht, den Ausgang der Wahl zu erörtern, sondern die wahrscheinlichen Folgen eines Erfolgs der Demokraten auf die Märkte im In- und Ausland zu untersuchen. Wir wissen, dass politische Ereignisse sich immer in Form von Auf- und Abschwüngen am Aktienmarkt niederschlagen. Daher versuchen wir, den Effekt des Wahlergebnisses auf verschiedene Unternehmen und Sektoren und damit letztlich auf die Anlageportfolios zu analysieren.

Bevor wir damit beginnen, wollen wir jedoch daran erinnern, dass Wahlkampagnen und Gesetze, die danach verabschiedete werden, oft deutlich voneinander abweichen. Politische Kandidaten halten nach ihrer Wahl nicht immer die Versprechen, mit denen sie den Wahlkampf gewonnen haben. Aus diesem Grund müssen die Anleger die einzelnen Variablen selbst genau analysieren, bevor sie ihr Portfolio umschichten.

In diesem Artikel besprechen wir mögliche Änderungen und deren Auswirkungen auf global aktive Unternehmen in fünf wesentlichen Bereichen: Umwelt, Steuern, Arbeitskräfte, Öl und Handel.

Umwelt

Wird Joe Biden gewählt, dürften die von den Demokraten festgesetzten Umweltprioritäten die Märkte deutlich treffen. In seiner Kampagne kündigte Biden einschneidende Änderungen in Bezug auf die Umwelt an. Dazu zählen Klimasteuern sowie Zölle auf Produkte mit hohem Kohlendioxidausstoss. Seitdem Biden infolge der Debatte am 29. September die Umfragen klar anführt, schneidet der MSCI Global Alternative Energy Index bereits deutlich besser ab als traditionelle Energietitel.

Sollte sich die Lage jedoch umkehren und die Republikaner an der Macht bleiben, dürften die vorgeschlagenen Klimagesetze sich nicht konkretisieren. Internationale alternative Energietitel, die bereits einen Aufschwung verzeichnet haben, könnten dann einen steilen Gewinneinbruch erleiden, der letztlich zu hohen Verlusten in den Portfolios der Anleger führt.

Steuern

Aktien dürften kurzfristig eher leiden, wenn die demokratische Welle ins Rollen kommt. Biden schlägt vor, die Körperschaftssteuern anzuheben. Für multinationale Konzerne mit Sitz in den USA dürfte, sie von 21 % auf 28 % steigen. Dieses Plus von 7 Prozentpunkten könnten den Gewinn nach Steuern um 10 % senken. Unter diesem Druck würden die Aktienkurse wohl nachgeben.

Arbeitskräfte

Die Lohnkosten spielen in einer Wirtschaft eine wesentliche Rolle, da sie die Gewinnspannen der Unternehmen beeinflussen und letztlich mit dem Nationaleinkommen im Zusammenhang stehen.

Biden will unter anderem den Arbeitnehmenden Vorrang einräumen gegenüber den Aktionären und den Anteil des Arbeitseinkommens am Nationaleinkommen anheben. Ferner schlägt er vor, auch die Situation und die Verhandlungsmacht der Arbeitskräfte in Unternehmen zu festigen. Sollte er gewinnen, erleben die USA wohl die Kehrtwende einer jahrzehntelangen Entwicklung, in deren Verlauf der Anteil des Arbeitseinkommens am Nationaleinkommen auf ein 70-Jahrestief gesunken ist.
Falls die Trendwende stattfindet und die Lohnkosten in den USA steigen, könnten die Gewinne der amerikanischen Unternehmen im Vergleich zu ihren ausländischen Pendants sinken.

Fossile Energie

Auch der internationale Ölmarkt dürfte von einem Machtwechsel in den USA nicht unbeeinflusst bleiben. Ein Sieg der Demokraten kündigt Änderungen für die inländischen Ölkonzerne an.

Die USA würden der Wiener Nuklearvereinbarung über das iranische Atomprogramm (JCPOA), das 2015 geschlossen wurde, beitreten und an den Folgeverhandlungen teilnehmen. Die Regierung Trump zog sich 2018 aus dem Abkommen zurück und hinterliess einer potenziellen Regierung Biden eine grosse Herausforderung. Der iranische Botschafter meinte zu seinem britischen Gesprächspartner, dass Biden das Vertrauen Irans durch pragmatische Verhandlungen wiedergewinnen müsse.

Bidens will Iran daran hindern, weiter Uranium anzureichern, indem er zustimmt, dass das Land täglich 1 Millionen Fass Erdöl auf den Markt bringt. Dieser Druck würde die Ölpreise senken und die Performance der Ölkonzerne belasten.

Handel

Die USA haben Handelsabkommen mit vier Partnern neu ausgehandelt: China, Mexiko, Japan und Kanada. Zwei weitere Handelsvereinbarungen mit der Europäischen Union und Grossbritannien sind 2021 geplant.

Während eine Regierung Biden diese Abkommen wahrscheinlich möglichst einfach und schnell zum Abschluss bringen will, kann es bei Trump länger als seine zweite Amtszeit dauern, um ein Freihandelsabkommen mit Grossbritannien auszuhandeln.

Der Handelskrieg zwischen den USA und China ist noch nicht beigelegt und trifft einige chinesische Unternehmen. Eine Regierung Biden würde wohl eher einen multilateralen als einen unilateralen Ansatz wählen, was zu einer langsameren, aber transparenteren Lösung führt. Sie würde auch den Umwelt- und Arbeitsaspekten mehr Beachtung schenken als Trump. Zudem können wir sicher sein, dass Biden einen kooperativeren Ton anschlägt, um das Verhalten Chinas zu beeinflussen.

COVID-19 war dieses Jahr eindeutig der Hauptfaktor der Aktienperformance und der Wirtschaftsleistung. Ein multilateraler Handelsansatz auf der Grundlage einer versöhnlicheren Einstellung der USA könnte zu geringerer Marktvolatilität führen, insbesondere für Unternehmen, die sowohl von den USA als auch von China abhängen.

Ein Regierungswechsel über immer einen Einfluss auf die Märkte und die Wirtschaft aus. Dieses Mal könnte er sich auch auf die Anleger auswirken. Steigende Lohnkosten und höhere Steuern mit niedrigeren Zollrisiken sowie mehr haushaltspolitische Anreize infolge eines Siegs der Demokraten würden für US-Unternehmen ein strengeres und teureres regulatorisches Umfeld bedeuten.