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Trauen Sie sich, einem Rücksetzer nachzujagen?

By Ipek Ozkardeskaya
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Die Aktien an der Wall Street brachen, nachdem sie am 11. Februar ein historisches Hoch erreicht hatten, um 15% ein, da Nachrichten Schlagzeilen machten, dass der Ausbruch des Coronavirus aufgrund der schnellen Ausbreitung der Infektion in Asien, den USA, Lateinamerika und Europa die globale Wirtschaft bedrohen könnte und zwar nicht nur über China.

Am Mittwoch gab die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bekannt, dass zum ersten Mal seit Beginn des Ausbruchs die Anzahl der Fälle ausserhalb Chinas höher sei als in China. Ausserhalb Chinas werden Massnahmen zur Eindämmung des Virus ergriffen, wie zum Beispiel allgemeine Reisebeschränkungen und Quarantänen.

Insofern lassen die jüngsten Nachrichten vermuten, dass die Erwartung, dass die Coronavirus-Fälle bis zum Ende des Monats aussterben würden, zu einer Wunschvorstellung geworden sind. Eine globale Pandemie könnte an die Türe aller einzelnen Kontinente klopfen.

Der Abverkauf am Markt spiegelt verschiedene Faktoren wider.

Zunächst hat sich die Aktivität in China erhöht, aber langsamer, als das viele erwartet haben. Die chinesischen Unternehmen werden wahrscheinlich ihre Arbeitsgeschwindigkeit im März beschleunigen, aber die ersten beiden Monate des Jahres sind weitgehend «verloren».

Auch wenn die Pause zum chinesischen Neujahrsfest eine Zeit der zyklischen, geplanten Verlangsamung in der Industrieproduktion und dem Handel in Asien ist, so wird sich die Fortsetzung der verhaltenen Aktivität nach den Feiertagen bald in Form von unüblich schlechten Zahlen zeigen und die Verschlechterung der Daten kann eventuell schlimmer ausfallen, als viele vermuten.

Zum zweiten hatten die verhaltene Produktion und Nachfrage in China schwere Auswirkungen auf die Lieferketten multinationaler Unternehmen. Grosse Namen, wie zum Beispiel Apple, gaben Warnungen heraus, dass sie ihre Ziele für das erste Quartal nicht erreichen werden.

Der dritte Punkt, der uns am meisten Sorgen bereitet, ist, dass es so aussieht, als stünden nun andere Teile der Welt vor einem Ausbruch. Somit müssen, je nachdem, wie schnell sich die Infektion verbreitet, Unternehmen ausserhalb Chinas ähnliche Massnahmen zur Eindämmung ergreifen, in welchem Fall Covid-19 die Konjunktur für weitere Wochen und vielleicht sogar Monate weltweit paralysieren könnte.

Und zuletzt die Panik.

Goldman Sachs prognostiziert, dass das US-Wachstum aufgrund des Coronavirus um 0,8% fallen wird, und wir in China einen Rückgang um 3,4% auf 2,5% im Jahresvergleich sehen werden, bevor das Wachstum sich dann bis zum Jahresende auf 6,8% im Jahresvergleich erholen wird. Das Wachstum für das gesamte Jahr 2020 würde somit bei 5,5% liegen, aber die Bank sieht für diese Prognosen ein Abwärtsrisiko.

Eine so dramatische Verlangsamung des globalen Wachstums wird die Unternehmensgewinne zumindest im ersten Quartal 2020 beeinträchtigen.

Grosse Banken haben ihre Prognosen gesenkt. Die Bank of Amercia Merrill Lynch warnte, dass es sich um das schlechteste Jahr seit 2009 handeln könnte, Goldman Sachs meldete, dass man für die US-Unternehmen kein Gewinnwachstum erwarte und J. P. Morgan stufte seine Gewinnschätzungen für den S&P 500 herunter.

Bei dem Einbruch der Aktien, den wir heute sehen, handelt es somit nicht um eine Standard-Abwärtskorrektur einer vorangehenden Marktrallye. Es ist mehr als das. Wir sehen eine deutliche Abwärtskorrektur der Gewinnerwartungen und die Neubewertung könnte sich noch verstärken, wenn die Anleger die deutliche Divergenz zwischen den Aktienkursen und ihren zugrundeliegenden Gewinnen in den letzten Jahren berücksichtigen. In der Tat war dies das erste Mal seit der dot.com-Krise, dass die Aktienkurse so stark von ihren zugrundeliegenden Gewinnen abwichen.

Aber die gute Nachricht ist, dass wohlbekannt ist, dass Marktkurse und Fundamentaldaten nicht im Zusammenhang stehen. Das hat die extrem lockere Geldpolitik für mehr als ein Jahrzehnt bekräftigt. Somit wissen die Anleger auch, dass ein wesentlicher Teil dieser zusätzlichen Barmittel zurück in die Aktienmärkte fliessen wird, solange die Federal Reserve und andere Zentralbanken weiter Liquidität in den Markt pumpen. Es gibt keinen anderen Ort, wohin es fliessen könnte.

Daher wissen die Anleger, dass sie sich immer noch an die Zentralbanken wenden können, sollte alles schief gehen.

Und das ist es, was gerade passiert.

Die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanleihen erreichten diese Woche ein Rekordtief unter 1,20%. Es ist irgendwie amüsant, die US-Renditen auf historischen niedrigen Werten zu sehen, wenn man berücksichtigt, dass die Aktienkurse bis zur letzten Woche einen Rekord nach dem anderen verzeichneten und die Fed vor kurzem meldete, dass die US-Wirtschaft sich an einem guten Platz befände.

Die Aktivität der Fed Funds Futures sieht auf jeden Fall zwei Zinssenkungen durch die Fed vor November vorher. Die erste könnten wir bereits bei der Offenmarktausschuss-Sitzung im März sehen. Die Aktivität am US-Staatsanleihenmarkts deutet an, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im März während des starken Abverkaufs am Markt diese Woche stark gestiegen ist.

Auch wenn wir denken, dass die Fed eher auf harte Daten warten will, bevor sie ihre Zinsen senkt, könnte die Schwere der Panik die Währungshüter eventuell zwingen, zu handeln, bevor es zu spät ist.

Wenn es also etwas gibt, das die US-Aktien davor bewahren könnte, noch weiter zu fallen, so ist das eine rechtzeitige Intervention der Fed. In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass die US-Aktienmärkte mit der Hilfe der Fed stets triumphierten, egal wie schwer der Schock war.

Somit könnte dies eine gute Möglichkeit sein, auf einen Fed-gesteuerten Bullen aufzuspringen, wenn man bei Rücksetzern kauft. Aber nur Anleger mit eisernen Nerven würden in einem so gewagten Handelsumfeld belohnt werden.